Auch bei dem Projekt Werkraum glaube ich fest daran, dass
wenn wir unsere Bestimmung gefunden haben, dass sich Türen öffnen, von denen
wir zuvor nichts wussten.
Ein Bild von unserem Keller erspare ich euch, der sieht
wie alle Keller aus, die zu klein sind und in denen man eben mal schnell nur
etwas abstellen will. Ein Zimmer in unserer Wohnung war zu diesem Zeitpunkt
auch nicht frei… aber der Keller einer Freundin, die gerade dringend Geld
benötigte, sollte vermietet werden und so kam ich zu meinem Werkraum ganz in
meiner Nachbarschaft.
Ich stellte fest, dass ein Raum alleine nicht reicht, man
braucht Werkzeug, Farben, eine Arbeitsfläche und einige Dinge mehr. Am Anfang reicht
die Bohrmaschine meines Mannes (er wollte doch schon lange eine neue ..),
verschiedene Schraubenzieher, Pinsel, Farben, Holzschrauben und Nägel und
Phantasie.Treibholz hatte ich ja genug in den letzten Jahren
gesammelt und auf dem Flohmarkt hatte ich altes Silberbesteck ergattert und so
entstanden meine ersten Werke.
Außer der Begeisterung vom Nähen, wollte ich noch Platz
für meine zweite Leidenschaft schaffen.
Als 2011 mein Vater starb, wurde mir zum ersten Mal
richtig bewusst, dass auch mein Leben endlich ist und ich nicht endlos Zeit
hätte meine Wünsche und Träume umzusetzen.
Es war das Jahr in dem ich meinen
Mann überredete, mir einen Lebenswunsch zu erfüllen. Mein Traum war einmal auch
im Winter ans Meer zu kommen.So mieteten wir ein Ferienhäuschen in Holland, das einem
Paar gehört, was sein eigenes Haus in seinem Urlaub, anderen überlässt. Nicht
nur dass dieses Haus sehr viel Persönlichkeit ausstrahlt, es hieß uns
regelrecht willkommen. Ein Bullerofen und eine Sauna machten unser Glück
komplett.
Der erste Tag am Strand dick eingemummelt war für mich
eine Offenbarung. Das Wetter war uns hold und der Himmel weit und meine Seele war
angekommen. Egal ob Sturm oder Sonnenschein um mich tobte, das Meer und die
Weite sind dort einzigartig und ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass seit
dieser Zeit meine Familie, Freunde oder Freunde der Kinder dasselbe empfanden.
Und so ist es guter Brauch geworden ist, Silvester in Holland zu feiern.
Dort am Strand fand ich dann auch noch die anderen
Schätze in meinem Leben. Treibgut angeschwemmt, gebleicht, abgerundet und
voller Geschichte sammelte ich sie bis ich fast den Rückweg damit nicht mehr
schaffte.
2014 sagte mein Mann dann zu mir, wenn du dein ganzes
Holz nicht endlich verarbeitest, dann landet es im Sommer auf dem Lagerfeuer.Was ich brauchte war
also einen Raum nur für mich.
Der zweite Schritt in diesem Jahr kostete mich mehr Mut.Zwei Freundinnen von mir haben 2012 einen ganz großen
Schritt gewagt und in Forst bei Bruchsal das Ladencafe Sellawie eröffnet. Ich bin von Anfang an dort als Mitarbeiterin
angestellt und wusste, dass im Herbst dieses Jahres ein Handwerker- und
Künstlermarkt stattfinden sollte.
Nun war Februar. Ich hatte große Pläne, eine neue
Nähmaschine, einen Nähkurs und viele Ideen im Kopf. Mit nichts in den Händen
fragte ich, ob ich einen Stand mieten könnte. Die überraschende Antwort lautete: "Du weißt
zwar noch nicht, was du herstellen wirst, bist aber die erste, die ich jetzt
eintrage und ich bin gespannt, was du an diesem Tag verkaufen wirst."
Es war ihr Glaube an mich, der mich anspornte, mich
beflügelte und mir Mut machte.
Das Erste, was ich suchte, war meine Träume nicht nur zu
träumen, sondern beginnen sie umzusetzen. Ich hatte von meiner Oma eine alte, aber immerhin schon
elektrische Nähmaschine geerbt. Man konnte mit ihr einen Gradstich und einen
Zickzack bewältigen, ich hatte auch schon alle meine Freundinnen mit mehr oder
wenigen erfolgreichen Nähprojekten beglückt, aber das war’s dann auch schon. Ich wollte schon lange mehr, aber immer kam etwas dazwischen, etwas anderes war
wichtiger. Dies sollte in diesem Jahr anders werden.
So beschloss ich, gespartes Geld in die Hand zu nehmen
und mir meine erste eigene Nähmaschine zu kaufen. Nun suchte ich nach einem geeigneten
Nähkurs. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt ganz klar, was ich wollte. Ich wollte
keine Kleider nähen, nicht lernen, wie man eine Tasche näht, Grundkenntnisse
hatte ich auch schon und dann…
Eines Tages machte mich eine Freundin von mir auf die Nähgalerie in Viernheim aufmerksam und dort gab es
genau das, was ich suchte. Einen offenen Nähkurs, bei dem man seine Nähprojekte
und Ideen mitbringen konnte und bei der Umsetzung begleitet wurde.
Ich fand dort nicht nur eine sehr geduldige und erfahrene
Kursleiterin, sondern auch Frauen, die sich gegenseitig helfen und zu
Freundinnen wurden.
Noch heute ist mein liebster Tag der Woche, wenn ich mich
mit meinen Nähprojekten zu meinem Kurs aufmache und drei Stunden in munteren
Austausch und gegenseitige Hilfestellungen eintauchen kann…
Ich glaube, dass in jedem Menschen eine Bestimmung liegt,
die gesucht und gefunden werden will. Ich glaube, dass Antworten auf Fragen,
die jeden von uns bewegen, in uns verborgen sind und wir uns auf die Suche nach
ihnen machen müssen.
So ging es auch mir 2014. Ich stand an der Schwelle der
50 und fragte mich, was in meinem Leben noch kommen würde. Ich spürte, dass
etwas Neues dran war und besuchte zu Beginn des Jahres ein Seminar von Birgit Schilling – 2014, wird mein Jahr.
Das klang schon mal gut. Auf ein Seminar, bei dem ich mit
vielen Fragen in meinem Leben und in meinem Glauben in kürzester Zeit
auseinandersetzen müsste, wohl eher nicht. Ich fühlte in diesen Tagen mit
Managern verbunden, für die solche Seminare wohl Alltag darstellen, ich aber
total erschöpft nach vier Tagen nach Hause kam. Im Gepäck hatte ich jedoch
eines Jahresplan (für mich eher Mehrjahresplan), mit dem ich anfangen wollte.
Ein Stück Treibholz an einem holländischen Strand, ein altes Betttuch, das keine Verwendung mehr findet, eine Silbergabel, die keiner mehr benutzen möchte, Dinge, die eine Geschichte erzählen könnten, mögen für viele wertlos erscheinen, für mich sind es wahre Schätze.
An einem Tag im Jahr 2014 beschloss ich, ihnen eine neue Identität zu geben, sie wieder wertvoll werden zu lassen. Ich fing an sie mit anderen Materialien zu kombinieren, ihnen neue Farbe zu geben und gab ihnen eine neue Bestimmung.